Zur offiziellen Bekanntgabe der Preisträgerinnen und Preisträger des 54. Grimme-Preises 2018 hatte das Grimme-Institut am 14. März 2018 erneut ins Grillo-Theater in Essen eingeladen. Dr. Frauke Gerlach, Direktorin des Grimme-Instituts, präsentierte gemeinsam mit der Moderatorin der Pressekonferenz, Jenni Zylka, die insgesamt 16 Preisträgerproduktionen mit ihren 68 Preisträgerinnen und Preisträgern. „Das Fernsehjahr 2017 hat gezeigt, welche Möglichkeiten und Themen das Medium Fernsehen zu bieten hat“, so Gerlach. Nicht zufrieden zeigte sie sich mit dem Frauenanteil bei den diesjährigen PreisträgerInnen: „Bei einem Verhältnis von 50 Männern zu 18 Frauen ist noch viel Luft nach oben“, so Gerlach, aber „dazu muss sich in der Branche noch einiges ändern, auch wenn schon sehr viel im vergangen Jahr in Bewegung geraten ist“.
In den anschließenden Gesprächsrunden berichteten die VertreterInnen der vier Grimme-Preis-Jurys sowie die beiden Leiter der Publikumsjury Marler Gruppe aus ihrer Juryarbeit. Margret Albers aus der Jury Kinder & Jugend bescheinigte dem Kinder- und Jugendfernsehen 2017 ein sehr breites Themenspektrum, aber „es haben die starken fiktionalen Programme gefehlt“, so Albers. Sie attestiere den Programmmachern einen kleinen Innovationsstau und wünschte sich „mehr Mut und Entschlossenheit“. Marcus Roth, der als Autor der Serie „5vor12“ mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet wird, sieht die Stärke seiner Produktion vor allem in der Möglichkeit, „die Figuren zu beobachten und nah an sie heranzukommen“.
Für die Jury Fiktion war der stellvertretende Juryvorsitzende Patrick Presch nach Essen gekommen. „Wir sehen keinen große Unterscheidung mehr zwischen den Serien und den Einzelstücken“, so Presch. „Die Sehgewohnheiten haben sich geändert, Jugendliche haben kein lineares Sehverhalten mehr.“ Produktionen müssen länger und besser auffindbar sein in den Mediatheken, so sein Appell an die Sender.“ Und: Die Jury vermisse die gesellschaftliche Realität. Auch hier müsse viel mehr passieren.
Fritz Wolf, Vorsitzender der Jury Information & Kultur, erneuerte seine Kritik an den Sendern bezüglich der Sendeplätze von Dokumentarfilmen und Dokumentationen, die immer noch zu spät im Programm ausgestrahlt würden.Im Fernsehjahr 2017 war das Flüchtlingsthema immer noch sehr präsent, aber „es gab vergleichsweise wenig zur politischen Entwicklung in Europa“, so Wolf. Die Sender müssten mutiger sein und das Thema stärker in den Fokus nehmen. Und: Das ganze Feld der klassischen Kultur findet sich im Fernsehen eigentlich gar nicht mehr wieder. Volker Steinhoff, Redaktionsleiter von „Panorama“ (NDR) und Sven Lohmann, Redaktionsleiter von „Panorama 3“ (NDR), die stellvertretend für das Autorenteam mit der „Besonderen Journalistische Leistung“ ausgezeichnet werden, waren aus Hamburg nach Essen gekommen. „Die Redaktionen haben sehr schnell und sehr souverän reagiert“ bescheinigte ihnen der Juryvorsitzende, es wurde eine kontinuierliche, umfassende und unvoreingenommene Berichterstattung präsentiert. „Manchmal ist eine Szene im Kontext anders zu verstehen“, sagte Volker Steinhoff. Man brauche mehr Puzzlestücke, um ein Bild entstehen zu lassen. Sven Lohmann stellt fest, dass ihn die Erkenntnis positiv überrascht habe, dass „Grimme auch Langzeitbeobachtung im Blick hat“. Dies bestärke sie darin, in dieser Richtung weiterzumachen, so Lohmann.
Dr. Gerd Hallenberger, stellvertretender Vorsitzender der Jury Unterhaltung, konstatierte, dass es im Unterhaltungsfernsehen den Trend zur Kürze und zur Crossmedialität gebe: beispielsweise das Neo Magazin Royale oder die Heute Show seien nicht nur reines Fernsehen, sondern haben viele Spin-Offs, die autonome Netzangebote seien. „Zwischen diesen beiden Formen wird es enger“, so Hallenberger. Und: „Unterhaltung ist Gewöhnungssache.“
Kurt Langer und Mark Blumberg, die Leiter der Publikumsjury, der „Marler Gruppe“, berichteten aus ihrer Juryarbeit. Insgesamt neun Frauen und vier Männer haben in diesem Jahr über den Publikumspreis entschieden, eine positive Entwicklung, wie Moderatorin Jenni Zylka feststellte. „Auf mich haben die nominierten Serien auch eine große Faszination ausgeübt“, sagte Langer zu der Frage nach der Entscheidungsfindung der Jury. „Aber das Familienthema hat in diesem Jahr im Mittelpunkt gestanden “, so Langer.
Die diesjährige „Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbands“ bleibt weiterhin geheim. Die Bekanntgabe wird erst am 5. April, also gut eine Woche vor der Preisverleihung am 13. April, erfolgen.