Qualität der Angebote auch Thema des Grimme-Forschungskollegs

Grimme Online Award 2015: 25 Nominierte in Köln vorgestellt

(Köln/Marl) 25 herausragende Webangebote sind für den Grimme Online Award 2015 nominiert, zu dem fast 1.400 Angebote eingereicht wurden – viele von hoher Qualität. Die Finalisten in den Kategorien Information, Wissen und Bildung Kultur und Unterhaltung sowie Spezial stehen damit fest und wurden am heutigen Tag an der Universität zu Köln bekanntgegeben.

„Die Vielfalt der eingereichten Formate und die hohe Qualität der Nominierten zeichnen das Preisjahr 2015 aus. Die Professionalität im Netz ist beachtlich. Ein besonders breites Spektrum alternativer Anbieter zeigt deren Kreativität und Innovationskraft, dies gilt auch für die Entwicklung von Finanzierungskonzepten“, resümiert die Grimme-Direktorin Dr. Frauke Gerlach.

So erfolgte die Anschubfinanzierung für das multimediale Informationsportal „Anorexie – Heute sind doch alle magersüchtig“ über ein Stipendium. Mit Crowdfunding finanzierte sich das experimentelle Wissenschaftsmagazin „Substanz“, das jetzt mit einem Abo-Modell arbeitet. Stiftungsfinanziert ist das unabhängige Recherchebüro „Correctiv“, welches gleich dreimal unter den Nominierten vertreten ist: Das Recherchebüro selbst ist in der Kategorie Spezial nominiert, auch weil die Recherchen kostenfrei anderen Medien zur Weiterverarbeitung zur Verfügung stehen. In der Kategorie Information ist die aufwändige Vor-Ort-Recherche „MH17 – Die Suche nach der Wahrheit“ nominiert und am Informationsfreiheitsportal „FragDenStaat.de“ ist Correctiv ebenfalls beteiligt.

Doch auch die Verlagshäuser scheinen jetzt das Internet (wieder) zu entdecken, insbesondere für die große Erzählung: „Die lange Form, viele Jahre lang das Stiefkind der deutschsprachigen Online-Publizistik, ist endgültig angekommen und etabliert“, konstatiert die Nominierungskommission. Ein prominenter Vertreter der nominierten Verlagsangebote ist „Mein Vater, ein Werwolf“, ein Meisterstück des digitalen Storytelling, in dem Spiegel-Reporter Cordt Schnibben die Nazi-Vergangenheit seines Vaters und die Verleugnungsstrategien der Eltern aufarbeitet. Ein weiteres beeindruckendes Angebot kommt von Zeit Online. „Wer darf leben?“ setzt sich mit der Pränataldiagnostik auseinander – und ist parallel in leichter Sprache erschienen. Die Wiederbelebung eines alten Formats ist der persönliche Newsletter „Checkpoint“ von Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt. Jeden Morgen liefert er aktuelle Informationen aus und über Berlin und bissige Kommentare direkt in den Maileingang.

Neben Verlagen setzen auch Fernsehsender erneut Akzente im Netz. So ist der deutsch-französische Kulturkanal ARTE auch dieses Jahr mit zwei sehr unterschiedlichen Formaten im Rennen um die Preise: Die Dokumentation „Polar Sea 360°“ ermöglicht eine Reise in die Arktis mit selbst gesteuertem Rundumblick, und bei „Refugees – 4 Monate, 4 Camps“ kann der Nutzer virtuell in Flüchtlingscamps reisen und eigene Reportagen erstellen. Mit der Flüchtlingsthematik beschäftigt sich auch das SWR-Angebot „Jeder Sechste ein Flüchtling“. Die Multimedia-Reportage berichtet in einer Langzeitbeobachtung über das Zusammenleben von Flüchtlingen und Bewohnern von Meßstetten, einer Kleinstadt auf der Schwäbischen Alb.

Abgesehen von der Flüchtlingsthematik war die Nominierungskommission jedoch überrascht vom Mangel an Aktualität in den Einreichungen: „Die meisten großen und relevanten politischen Reizthemen (Überwachung/Bürgerrechte, Freihandel/TTIP, zunehmende Arm/Reich-Schere …) fanden auch diesmal so gut wie gar nicht statt. Das empfinden wir als etwas beunruhigend." Nach Präsentation und Recherche sollten sich die Anbieter noch einmal gründlicher mit der Themenfindung beschäftigen, rät die Nominierungskommission.

Die technische Entwicklung hingegen ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass sie es auch unabhängigen Anbietern erlaubt, aufwändige Webreportagen zu erstellen – wie das nominierte Angebot „Auferstanden als Ruine“ über Haiti fünf Jahre nach dem verheerenden Erdbeben zeigt. Doch es gibt nach wie vor auch völlig andere Formate. Die „Floskelwolke“ ist dafür beispielhaft. Täglich werden hier hunderte Webseiten nach Floskeln und Phrasen durchsucht und zu einem Ranking zusammengestellt. Die zwei Journalisten, die es betreiben, möchten ihr Angebot durchaus als Hilfe und Warnung für ihren eigenen Berufsstand verstanden wissen. Ebenso gibt es immer wieder Social-Media-Angebote, die der Nominierungskommission besonders auffallen. In diesem Jahr war dies der deutsche Astronaut Alexander Gerst, der als „Astro-Alex“ die Nutzer vor allem per Twitter an seinen Erlebnissen auf der Internationalen Raumstation ISS teilhaben ließ.

Auch der Webvideobereich ist in diesem Jahr wieder unter den nominierten Angeboten vertreten. Dazu zählt beispielsweise der YouTube-Kanal „Hyperbole TV“, der Teil eines Forschungsprojekts an der Leuphana Universität Lüneburg ist. Dieser Kanal war auch Thema eines Seminars an der Universität zu Köln im Vorfeld der Bekanntgabe der Nominierungen, ebenso wie das Digitorial zur Ausstellung „Monet und die Geburt des Impressionismus“ am Städel Museum Frankfurt. Im Rahmen des dreitägigen Blockseminars setzten sich Studierende anhand der nominierten Angebote mit Fragen rund um den Grimme Online Award auseinander. „Der Workshop und die Veranstaltung heute veranschaulichen, wie Medienqualität im Rahmen des ‚Grimme-Forschungskolleg Medien und Gesellschaft im digitalen Zeitalter' thematisiert werden kann – ein schöner inhaltlicher Auftakt“, so Prof. Dr. Claudia Loebbecke, die zum Juni die wissenschaftliche Leitung des Grimme-Forschungskollegs übernehmen wird. Das Grimme-Forschungskolleg wird sich als gemeinsame Institution der Universität zu Köln und des Grimme-Instituts aktuellen Fragen digitaler Kommunikationskulturen und der Rolle der Medien in gesellschaftlichen Transformationsprozessen widmen.

Aus den insgesamt 25 Nominierungen zum Grimme Online Award wird die Jury nun bis zu acht Preisträger ermitteln. Auch das Publikum kann über einen Preis entscheiden: Bis einschließlich 11. Juni kann jeder Internetnutzer auf der Website von TV Spielfilm unter www.tvspielfilm.de/grimme für den Publikumspreis abstimmen und an der Verlosung zweier hochwertiger 8 Zoll Tablet-Computer Cat Helix teilnehmen. Die Programmzeitschrift TV Spielfilm ist bereits im elften Jahr Medienpartner des Grimme Online Award. Sie stellt wie in den Vorjahren die Voting-Plattform für den Publikumspreis zur Verfügung und begleitet den Wettbewerb publizistisch.

Auch andere Partner unterstützen 2015 den Grimme Online Award. Für die finanzielle Basis des Preises sorgt die Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen, ein weiterer Beitrag kommt von der Stadt Köln. Der TV-Produzent UFA SHOW & FACTUAL übernimmt die professionelle Produktion der Einspielfilme für die Preisverleihung, die Daimler AG sorgt mit Mercedes-Benz Limousinen für den komfortablen VIP-Fahrservice bei der Preisverleihung. Die Videoproduktion und der Livestream der Preisverleihung kommen von Quadia, einem Anbieter von Online-Video-Lösungen. Das Düsseldorfer Studio für Gestaltung, Pre-Press und Digitale Medien, Digibox, langjähriger Partner des Grimme Online Award, gestaltet erneut die Preispublikation.

Die Preisverleihung findet am 18. Juni 2015 im DOCK.ONE in Köln statt. An diesem Abend wird neben dem Grimme Online Award auch der „klicksafe Preis für Sicherheit im Internet“ vergeben. Er hat das Ziel, solche Angebote und Projekte zu prämieren, die in vorbildlicher Weise einen sicheren Umgang im und mit dem Internet fördern.

Mehr Informationen über die Nominierten, die Nominierungskommission, die Jury und das Auswahlverfahren erhalten Sie unter www.grimme-online-award.de. Mit dem Blog „quergewebt“ (blog.grimme-online-award.de) und auf Facebook (www.facebook.com/grimme.online.award) begleitet das Grimme-Institut das Wettbewerbsverfahren.

 

Kontakt

Vera Lisakowsk
Projektleitung Grimme Online Award
Telefon: 02365 9189-31
Telefax: 02365 9189-89
E-Mail: lisakowski@grimme-institut.de

 

Willi Nickolaus
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
NICKOLAUS – PR & Kommunikation
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