Bevor ,sprechende‘ Navis, Computer und Smartphones unseren Alltag eroberten, war es hauptsächlich die Science-Fiction, die uns eine Vorstellung von der Beschaffenheit künstlicher Stimmen vermittelte. Doch so wenig diese fiktionalen Stimmen neutral gestaltet waren, so wenig sind es die digital generierten Stimmen heutiger Applikationen und Betriebssysteme. Bis jetzt mangelt es jedoch an Untersuchungen, die zugleich theoretische, medienpraktische und kulturübergreifende Aspekte vokaler Designs in IT-Erzeugnissen und den Medien berücksichtigen.
Das Forschungsprojekt „Kulturelle Implikationen medial konstruierter Stimmen“ des Grimme-Forschungskollegs an der Universität zu Köln durchleuchtete mediale Stimmentwürfe dahingehend, welche Sozialvorstellungen ihnen innewohnen. Denn obwohl vielfach alternative Stimmklangmodelle jenseits fixierter Normen genutzt werden könnten, scheint bei Nutzer*innen der Wunsch nach normativen Vokalitäten vorzuherrschen. Bedarf die sprachbasierte Mensch-Maschine-Kommunikation hergebrachter, vertrauter kultureller Normen, und geraten dabei andere, diversere Optionen aus dem Blick?
Auch die Möglichkeiten und Auswirkungen der Stimmveränderung in der Musik und anderen Künsten im digitalen Zeitalter wurden genauer betrachtet. Schließlich spielten medienhistorische Zusammenhänge eine Rolle: Wann und wie kam es erstmals zur Vermenschlichung künstlicher Stimmen? Wie wandelte sich die stimmliche Konstruktion sozialer, ethnischer und geschlechtsbezogener Rollenbilder im Lauf der Mediengeschichte?
Der vorliegende Sammelband greift wesentliche Aspekte des Forschungsprojektes auf. Er enthält Beiträge und Interviews von und mit Christine Bauer & Johanna Devaney, Marc Böhlen, Oksana Bulgakowa, Lílian Campesato & Fernando Iazzetta, Laura Dreessen, Marcus Erbe, Judith Kirberger, Malte Kobel, Doris Kolesch, Katharina Makosch, Katherine Meizel, Dumisani & Kundai Moyo, Stefanie Ray, Aycha Riffi, Colleen Sanders, Nadia S. Zaboura und Wolfgang Zielinski.